Am 26.03.2021 geht es endlich wieder in die nächste, noch virtuelle Vorlesungsrunde an der FHAM: Vorlesung Leadership und Guiding.
Wer studiert erwartet interessante Vorlesungen, gute Dozenten und viel Know-How. Alles das bietet Christoph Maretzek seinen Studis als Dozent für „Leadership und Guiding“an der FHam mit Herzblut und Engagement. Neben der Theorie im Lehrsaal erleben die Teilnehmer des Studienganges Outdoorsports und Adventuremanagement an der Hochschule für angewandtes Management auch die Grundlektionen des modernen Guidings. Die Präsenztage finden im Camp statt und machen so die durchgearbeiteten Unterlagen, die Übungen und Diskussionen im Plenum lebendig und echt. Wer führen will, muss sich vor der Gruppe wohlfühlen, mit Menschen umgehen können und darf sich vor Herausforderungen nicht schrecken.

Ob in der Firma oder als Guide…nicht umsonst werden Outdoortrainings für Führungsausbildung genutzt! Muss es immer Shackleton oder andere Helden der Vergangenheit sein, um Leadership zu beleuchten? Nein, meist reicht der Blick nach links und recht um Menschen zu sehen, denen es gelingt Gefolgschaft und Mitarbeit zu generieren…doch wie schaffen sie es, dass andere mitziehen?

Sie führen!

Das Feedback im Sommersemester 2020 kann hier nachgelesen werden.

Christoph Maretzek blickt auf nun 40 Jahre Outdoor und über 30 Jahre Ausbildungs- und Führungserfahrung zurück. Begonnen hat er sein Leib- und Magenthema um 1982 bei den Pfadfindern und auf vielen Trekkingtouren von teils 4 Wochen in ganz Europa….auch solo schon als 15-jähriger. Damals gab es kein Handy und wenn sie weg waren, waren sie weg….Abenteuer inklusive und mit der Verantwortung für sich und ihre Gruppen. Mit 34 Jahren Diensterfahrung und zuletzt als Reservedienstleistender konnte er sich 2020 als Feldbebelanwärterausbilder in seiner alten Gebirgsjägerkompanie  einen Traum erfüllen: Für den Nachwuchs da sein und sich als Älterer an die Lektionen aus der Pfadizeit halten: „Was du bekommst, gib irgendwann dem Nächsten weiter! Übernimm Verantwortung und lebe vor, was richtig und wichtig ist.“
Die Führung von fremden, jungen Soldaten im freiwilligen Einsatz in Afghanistan 2013 hat die Bedeutung von Leadership in äußerstem Maß betont: Im Zeichen der Belastung steht man oft still und einsam, aber doch fest „vor seinem Haufen“. Nur so kann man unter schwierigsten Bedingungen zusammen als Team durchkommen. Nicht umsonst suchen Firmen auch ehemalige Langzeitgediente, die ihr Know How einbringen!

Im Outdoorkongress 2019 am Adventure Campus in Treuchtlingen war das Thema „Führen in der Natur“ Vortragsthema . Hier kann die PDF  angesehen werden.

Fast 10 Jahre Betreuung wohnungsloser junger Erwachsener als DiplSozPäd (FH)  haben ihm daneben noch die andere, oft ungesehene Facette des Lebens gezeigt: die brutale und oft unmenschliche Lebensituation obdachloser Menschen, oft  mit Alkohol- und Drogenproblemen, juristischem Ärger und vor allem der meist unverhohlenen Verachtung der Mitmenschen. Als selbstständiger Guide Instructor und vormaliger Leiter der Ausbildungen im Internationalen Wildnisführerverband kamen so alle Aspekte von Führung zusammen , die so denkbar sind und haben nun für die Studierenden eine einmalige Mischung aus allen Lebensbereichen bereit.

Die Abschlusspräsentation im Semester ist eine umfassende und jeweils neu zugeschnittene Planungs- und Vorbereitungsarbeit für ein Camp. Die Studis, die sie mit mit mindestens 3,0 bestehen, erhalten als Bonus die Ausbildungsstufe „Second Guide GAE „ zuerkannt.

 

Corona hat alle Lehrbereich nochmals neu definiert…nach nun einem Jahr haben sich alle Aspekte der Führung und Leitung durch viel Homeoffice, indirekte Kommunikation und zunehmende psychische Belastung verschärft und fordern auf die Ferne sehr viel mehr, als im gemütlichen Besprechungsraum und bei offenen Türen. Die Maske macht das Lesen des Gesichtes unmöglich und Stimmungen werden schwerer erkennbar. Mikromimik und Muskelspiel als Transportmitteln von Emotionen und Inhalten werden schwer verständlich. Für den dauerhaften Gruppenfrieden notwendige Konfrontationen, Diskussionen und Aushandlungsprozesse, die in weiten Bereichen auch durch die meist nur unbewusst wahrgenommene Körpersprache erheblich definiert werden, fallen weitgehend weg.
Als Reservedienstleistender im April 2020 für Monate mit der Ausbildung eines 4o Mann starken Zuges und von jungem Führungspersonal in einer aktiven Gebirgskompanie unter gänzlich neuen Coronabedingungen beauftragt,  hat sich in der 1. Welle Corona eines bestätigt: Alles, was Führung ausmacht, unter virtuellen, noch perspektivlosen Bedingungen abzubilden, ist für jeden Leader ein tägliche Herkulesaufgabe. Denn was sonst im Tagesgeschehen in der Interaktion sofort sichtbar und nutzbar wird, fehlt hier fast gänzlich und kommt oft erst sehr viel später zum Tragen oder ans Licht. Bildschirme taugen nur als Hilfsmittel. Nicht als vollwertiger Realitätsersatz!
Auch Vereine und Arbeitsgruppen in Firmen unterliegen diesem verflachenden Einfluss der virtuellen Wahrnehmung und Menschen sind weniger greifbar, da die Kommunikation auf dauernde Distanz das Denken und Fühlen und somit die Handlungen erheblich verändert.
Die Virtualisierung des Lebens findet da Grenzen, wo schnell, nahe am Menschen und unter persönlicher Belastung geführt werden muss. Effekte, die existenziell bedrohlich, strukturell verändernd, handlungsbezogen bremsend und kommuniktationsbezogen unvollständig sind, fordern unglaublich heraus!

Wie würde Shackelton, der wohl vor allem durch seineEntschlossenheit, die direkte räumlich-körperliche Nähe und die direkt beteiligte innerlich- äußerlich beteiligte Führung in einer absolut lebensbedrohlichen Lage zielgerichtet handelte, heute tun? Er würde dasselbe tun…hätte es aber ungleich schwerer, den selben oder einen annähernd gleichen Wirkungsgrad zu erzielen.
Alles in allem also eine absolut herausfordernde und belebende Thematik…denn ohne Führung geht nichts!

Und Leadership heute ist schon ganz anders als noch von 10 Jahren! Mit Corona verändert sie sich täglich weiter!
Wer sich unter diesen heutigen Bedingungen nur auf altes verlässt, ist schnell verlassen…wer es aber ignoriert, verlässt die anderen schnell, die auf Leadership mehr denn je angewiesen sind. Leadership heute fordert mehr denn je zu Selbstreflexion, bestens Zuhören und schnelles Erkennen des Belastungsgrades meines Gegenübers auf. Geschieht dies über den Bildschirm, nur mit einem kleinen Sichtausschnitt ist das (Lage)Bild unvollkommen und so ist es nötig, sich über die verbale Kommunikation Ergebnisse und Erkenntnisse als Basis der aus der Ferne getroffenen Entscheidung zu sichern.

Mit den Studierenden bearbeitet Christoph Maretzek ganz pragmatisch die grundlegenden 10 Regeln jeder Führung, die „5 K`s“ der Menschenführung als allgemeine Basis. Die Regeln und die Umstände des Guidings von Tourengruppen als eine besonders herausfordernde Führungsarbeit kommen hinzu: Hohe Erwartungshaltung, gekaufte Leistung, kurzzeitig, ohne gemeinsame Regeln und Erfahrungen, zeitlich definiertes Gruppenleben ohne Schaffung von Riten und Gebräuchen, teilweise Aktivitäten in gefährlicher Umgebung wie Flüsse, Winter, Wildnis, Berge, Wald, sowie Unkenntnis des Leistungsvermögens bei Start. Eine ganz besondere Mischung, deren Beherrschung die Beherrschung der grundlegenden Führungsaspekte ebenso benötigt, wie Mut, Entschlossenheit, Belastbarkeit und vor allem: eine gute Wahrnehmung und viele kreative Handlungsansätze.