Vom 16.-18.06.2023 haben wir wieder im Camp geübt und uns der Frage gestellt:

Was tun wenn es mal ernst wird?

Hier findet ihr ein paar einfach formulierte Gedanken und Ansichten, Erfahrungen und Grundlagen aus 40 Jahren Outdoorleben, 35 Jahren Gebirgsdienst, 20 Jahre Guidetraining und einem Leben in Stiefeln. Schnörkellos und einfach. Dazu ein paar Bilder.
Leider waren ein paar TN verhindert oder krank, so dass wir am Ende im kleinen diesjährigen Kurs nur zu 3 waren. Aber dafür haben wir intensiv rangeklotzt….:-)
Es hat bärig Spaß gemacht und wir freuen uns auf die Fortsetzung in den kommenden Modulen.

Die Tourenapotheke
Die abgebildete Tourenapotheke ist nicht komplett…das Bild war zu klein:-). Auch fehlen die möglichen Grundmedikamente, die man meist dabei hat. Sie bezieht sich im Schwerpunkt auf die einfache Basisversorgung beim Trekking, in Camps, beim Kanufahren oder Radeln, Winter und Umgang mit Werkzeugen unterwegs. Je nach Gruppengröße, Jahreszeit, Tätigkeiten und Region/Klima wird sie natürlich abgepasst und regelmäßig ausgemistet und ergänzt!
Hier findet ihr ein einfaches Beispiel…weiterlesen

Immer falsch ist es:

  • ….das lasse ich da. Das ist mir zu schwer!
  • ….das nehme ich nicht mit, kann ich eh nicht mit umgehen!
  • ….lasse ich da. Habe ich noch nie benötigt!
  • ….hab ich mir keinen Kopp gemacht.
  • ….brauche ich nicht. Hab doch n Handy!
  • ….wofür? Hab doch ne Alpenvereinsversicherung.
  • ….brauche ich nicht. Ich ruf mir die Bergwacht.
  • ….und ähnliche „Ansichten“

Vom Wert der Ersten Hilfe
Da wir ständig Anfragen bekommen, hier mal ein Einblick in den Markt:

„Hey, kann ich den Kurs auch ohne Ausbildungsabsichten mitmachen? Stellet ihr auch Scheine fürs Amt aus? Ich muss diese Formalie für den Führerschein erfüllen…mein Chef will das so….“

In aller Deutlichkeit:
SOLCHE Kunden nehmen wir NICHT an! Soviel Geld kann so jemand gar nicht drucken, dass wir da mitmachen. Mit DER  Haltung wird das nix…..Erste Hilfe ist nie und nirgendwo eine Formalie. Und wir und unsere Arbeit sind uns dazu viel zu viel wert.


Vorbereitungen
Die im Folgenden gezeigte Aufgabe haben die Trainees im Vorfeld zugesandt bekommen. Da wir so wenige waren, haben wir die Bearbeitung bis auf eine Aufgabe ins kommende Modul Trekking verschoben. Dabei dürfen dann alle ein bisschen schwitzen..:-)

Vorbereitungsaufgabe:
Um euch einen Gedankenplan vorab zu ermöglichen, sind u.a. folgende Situationen vorbereitet – ich gehe davon aus dass wir mindestens 2/3 schaffen werden.

  • 1. Auffinden einer verunfallten Person ohne Kenntnis des Vorfalles
  • 2. Person wird von Ast schwer am Kopf getroffen
  • 3. Person verbrüht sich mit Wasser
  • 4. TN schneidet sich tief in die Hand
  • 5. TN muss eine kurze Strecke improvisiert rückenschonend transportiert werden
  • 6. TN hat entzündeten Insektenstich mit schwerem, noch geschlossenem Abszess
  • 7. TN klagt über undifferenzierte Beschwerden wie Übelkeit, Durchfall, erhöhtes Durstgefühl, Zittrigkeit und starkem Schwindel bei deutlicher Blässe nach körperlicher Anstrengung in der scharfen Sonne
  • 8. Alarmierung zu Aufgabe 2 auf deutsch und englisch mit Mitteilung der feststellbaren Situation und Symptome
Eure Aufgabe ist, euch bis nächste Woche einen Kopf zu machen, wie ihr reagiert als Ottonormalverbraucher und wie als Guide.

Nebenthemen und Wiederholungen
Dem neuen Ausbildungsmuster folgend werden am Modulbeginn auch vorausgebildete Themen wiederholt und eingebaut. Zumal, die die auch mit EH indirekt oder direkt zutun haben:

  • Wetter
  • Ernährung
  • Knoten
  • (Not)Unterkunft
  • Improvisationstechniken (Merke: wer in der Not eine Mülltonne findet, ist schnell ein reicher Mann…:-)!)

Warum Training in Erste Hilfe Outdoor?
Für unsere Trekking – und Wanderführer- Trainees gehört der sichere Umgang mit der Situation zur Ausbildung. Seit 2023 splittet sich das Thema in ein Kernmodul, sowie in die typischen, in die anderen Module ausgelagerten Verletzungen, Krankheiten und Übungen. Wie für Trekking, Winter, Berg etc.

Sonderfall EH für Solotouren
Solotouren führen auf die ursprünglichste und letztlich defakto gefährlichste Trekkingform zurück…ob es ernst und tatsächlich eine akute Gefährdung wird oder nicht, hängt von vielem ab. Vor allem aber vom Verhalten generell, vom Können und im Notfall dann von der allgemeinen Selbsthilfefähigkeit in der Unfallsituation. Und dem nötigen Quentchen Glück im richtigen Moment.
Jährlich kommen Menschen um…weiterlesen.
Nach ungezählten Solotouren in fast 40 Jahren (Lappland, Schottland, Islanddurchquereung….) ist es eigentlich ganz einfach. Egal wie gut man plant, wie fit man ist, wie sicher man zu sein glaubt:
Eines Tages ist für jeden Pay-Day. Wann und wie ist die Frage…wer auf Solotouren geht, muss in vielem anders denken als der in der Gruppe Laufende. Das muss am Ende jeder für sich entscheiden. Ein paar Mal war es schon eng und auch mal recht schmerzhaft. Man lernt draus und bereitet sich noch besser vor. Da muss jeder seinen Weg gehen…sogar bei der kurzen Wochenendsolotour im Nordschwarzwald im Winter…..:-)

Outdoor und Erste Hilfe
Entgegen der Annahme, dass auf Tour ständig was passiert, stellt es sich so dar, dass der Großteil der Aktivitäten draußen schlicht unfallfrei durchläuft. Denn die meisten Menschen sind schlicht ausreichend umsichtig oder /und haben genug Glück…wer weiß:-)!?
Jedoch ist es eben auch so, dass es schnell eng werden kann, wenn es dann passiert. Schon wenige km abseits des Weitwanderwegs, schon wenige Hundert Meter abseits des letzten Gasthauses im Nordschwarzwald ohne Handyverbindung können dann schnell zu einem echten Notfall werden.

Die Möglichkeiten sind vielfältig

Wir verlassen unsere gewohnte Komfortzone. Und das oft ohne Vorbereitung oder Übung!

  • internistische Probleme
  • Ignoranz
  • keine Ahnung/Selbstüberschätzung
  • fehlerhafte Haltung (jemand wird mich retten)
  • fehlerhafte Planung
  • fehlendes Material
  • Wetter falsch eingeschätzt/keine Ahnung von Wetter
  • Tiere
  • Stolpern
  • u.v.m.

Vorbereitung auf den Notfall
Nicht auf alles kann man sich mit einem Plan vorbereiten. Der Plan kollabiert eh nach dem Impact! Aber man kann sich doch auf vieles gedanklich und durch eigene Übung einlassen….mit für viele Menschen erstaunlicher Wirkung:-)!

Prävention ist die beste Medizin
Wir halten es in allen Bereichen mit dem bewährten Lehrgrundsatz der schwedischen Infanterie: 70 % des Erfolges von draußen zurecht kommen, sind die realistische Planung, die passende Vorbereitung und die jederzeitige Beherrschung des Handwerkes und des Materiales unter erschwerten Bedingungen. Nur max. 30 % gehen auf „das Material haben“!

Die Tourenkameraden
Wer im Team geht, MUSS wissen, was seine Mitläufer können…und was nicht. NICHT erst, wenn es heißt: einer liegt am Boden. Darüber muss man reden dürfen und man muss es auch mal ausprobieren. Ggf. eben einen Kurs machend und gezielt üben, was passieren kann.
Egal, ob Privatier oder bezahlter Guide….Erste Hilfe für andere und für sich geht jeden an, der sich auf den Weg macht. Das ist Ehrensache.

Hinzu kommt

  • Kenntnis der örtlich geltenden Gesetzeslage
  • Haltung: “ ICH werde helfen und nicht vorbeigehen“
  • Das richtige Material haben
  • Das Material beherrschen…besondere unter Druck und Not
  • Kreativität
  • Durchhaltevermögen

Organisierte Erste Hilfe Outdoor
Wer die nun schon seit Jahren andauernde, sich aktuell aber immer deutlicher zeigende, negative Entwicklung verfolgt, der muss leider feststellen, dass z.B. in den Alpen das Rettungswesen zunehmend als „gekaufte Dienstleistung“ betrachtet wird. Dem ist nicht so! Es wird dort vollkommen zu Recht erwartet, dass Wanderer sich umsichtig verhalten, sich selber und anderen  zu helfen wissen und das auch tun..bis ggf. jemand kommt, der vom Fach ist.
Bergretter, Fjällsicherheit, Rettungfliegerpiloten etc. aller Länder sind sehr oft auch ehrenamtliche Freiwillige, die viel riskieren und die es verdient haben, dass man sie nicht doof anschnauzt, ihnen das Versichertenkärtchen zückt oder sich aufführt wie Graf Koks! Sie eilen zu Hilfe…und sie sind verdammt gut. Das mal nur nebenher..:-). Und an dieser Stelle auch unseren Dank für die Tausenden von Stunden übers Jahr, die sie da draußen verbringen.

Wer die Bergwachtarbeit unterstützen will….hier z.B. kann man sich schlau machen!

Helfen wir ihnen, indem wir uns zu helfen wissen!
Und wenn sie notwendige Ansagen machen, weil es sein muss, dann ist es Ehrensache, nicht doof zu diskutieren, sondern einfach zu tun, was der Profi anschafft. Denn hätte jeder so viel Ahnung, dass er sich auch tatsächlich eine tragfähige Meinung bilden könnte…dann bräuchte er die Retter nicht:-)!
Aus im Mai 2023 gegebenem, traurigen Anlass hier weiterlesen….>>

Die eigene Verantwortung für EH
Wer sich selber draußen nicht helfen kann, wenn es noch geht, der hat unserer Ansicht dort erst auch mal nicht viel verloren. Daher üben wir auch Solo EH in den Modulen…mal blind wie nachts, mal mit der schwachen Hand, mal unter Belastung…mancher wundert sich, was er dann doch abrufen oder nach ausreichend Übung wieder tun kann. Und wenn es dann geklappt hat, schwingt auch der berechtigte Stolz mit.

EH für Guides
Hier greifen die Garantenstellung und die Sorgfaltspflicht. Ein Guide, gleich welcher Art (dazu zählen wir auch Eltern, Kitamitarbeiter, Lehrer etc.), ohne ausreichend Erkenntnisse, Übung und Material, geladenem Handy und der Entschlossenheit, seinen Gästen in der Not gut beizustehen, hat diesen Titel nicht verdient. Egal welches Papier oder welchen Auftrag er hat. Denn dann fehlt es an der Grundlage:
Der richtigen Haltung zum Job, zum Leben, und zu den Menschen, die einem anvertraut wurden.

Die Haltung
Wer helfen will, kann es auch. Letztlich findet sich immer etwas…und wer die Lage initial gut einzuschätzen vermag, der kann i.d.R. auch weitergehend handeln. Wer panisch wird, weil er merkt, dass er nix kann, der hat Probleme….die ggf. jemand anderes mit Gesundheit und Leben bezahlt, wenn es dumm läuft.
Die Erfahrung draußen lehrt, anders als oft im Straßenverkehr, dass schnell und gut geholfen wird! Die wenigsten gehen vorbei.

Der Dreiklang lautet:

  • Helfen wollen.
  • Helfen können.
  • Helfen.

Weitere Kurse in der GA

Wer sich für das Thema weitergehend interessiert, dem seien die offenen Kurse empfohlen…:-)!